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Migräne

Definition
Anfallsweise Kopfschmerzen, oft halbseitig mit vegetativen Störungen und gelegentlich auch neurologischen Symptomen.

Klinisches Bild
Bei der Migräne treten in typischer Weise anfallsartige, bevorzugt halbseitige Kopfschmerzen auf, begleitet von Übelkeit bis hin zu Erbrechen, Lärm- und Lichtempfindlichkeit. Darüber hinaus kann es zu Nerven- und Sehstörungen kommen. Fast regelmäßig wird die Schmerzqualität als pulsierend, pochend und hämmernd angegeben.

Ursachen
Zunächst Vasokonstriktion intrakranieller Gefäße (durch transkranielle Dopplersonographie nachweisbar), dann vasodilatatorische Phase, in der die Kopfschmerzen des Migräneanfalls auftreten

Auslösende Faktoren u. a.
– Psyche: Aufstauen von Aggressionen, besonders von Ressentiments im Zusammenhang mit Versagenssituationen (Migräneanfall kann Stunden später kommen). Angst, Spannung, plötzliche Entspannung, sog. Sonntagsmigräne, "Petdown-headache"; speziell anfallsauslösender Konflikt nach Jores und Wolff: Pat. kann oft überhöhten Anforderungen, die er an sich selbst stellt, nicht genügen
– Endokrinium: häufig am Beginn der Menses
– Zufuhr bestimmter Nahrungsmittel (Alkohol, z.B. bestimmte Rotweinsorten, Schokolade etc.)
– Nahrungskarenz
– Wettereinflüsse, Föhn
– Schlafmangel und vieles andere

Anfallssymptomatik
– Beginn des Anfalls mit einem halbseitigen (Hemikranie) oder doppelseitigen Kopfschmerz, pulsierend, heftig, durch Geräusche und Licht verschlechtert, lokalisiert meistens im Stirn-Orbital- oder Schläfenbereich
– Begleitsymptome: Übelkeit, Erbrechen, seltener Durchfall, Geräuschüberempfindlichkeit, Lichtscheu
– Psychisch: Reizbarkeit, Affektlabilität, Neigung zum Rückzug, Symptome, die auch bei anderen schweren Schmerzzuständen auftreten können
– Neurologische Untersuchungen: meist kein pathologischer Befund
– Der Anfall endet nach einer oder mehreren Stunden, selten dauert er einige Tage, Ende oft mit Polyurie, danach für Stunden abgeschlagen, verstimmt

Verlauf
Bei Frauen oft ausgelöst durch die Menstruation. Häufung der Anfälle in psychischen Krisensituationen. Oft Besserung im Alter, auch während Gravidität
– Anamnese ist wichtigstes Bindeglied zur richtigen Diagnostik.
– Alleine bei der Migräne gibt es 7 Unterformen.
– Die wichtigste ist die sog. Migräne mit Aura.
– Als typische Anfangssymptome gelten halbseitige Sehstörungen (Flimmerskotom), sensible und motorische Bewegungsstörungen sowie Sprachausdrucksstörungen.
Die Krankheitszeichen entwickeln sich i.d.R. über einen Zeitraum von fünf bis 30 Minuten und klingen innerhalb einer Stunde wieder völlig ab.
– Anamnese
– Es gibt außer der sorgfältigen Anamnese keine spezifische Zusatzdiagnostik
– Kopfschmerztagebuch!

– Auf die aus der Vorgeschichte eruierten auslösenden Faktoren (z.B. Käse, Rotwein etc.) sollte besonders eingegangen werden.
– Hinweise auf eine vernünftige Lebensweise sind hilfreich, so z.B. regelmäßige Ruhezeiten, maßvolle körperliche Aktivitäten und Vermeidung von Stresssituationen.

Migräne-Behandlung im akuten Anfall:
– Ganz wichtig ist der Hinweis, keine Mischpräparate (Medikamente mit mehr als einem Wirkstoff) zu nehmen
– Als Migräne-Mittel der ersten Wahl gilt noch immer die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) 1 g
– Bei ungenügender Wirkung von ASS empfiehlt sich ein Versuch mit Paracetamol 1 g, bzw. Paracetamol-Kombinationspraeparate
Nichtsteroidale Antirheumatika (z.B. Naproxen, Diclofenac, Ibuprofen) sind als Migräne-Mittel ebenso wirksam
– Auch ein Therapieversuch mit Metamizol ist bei Migräne manchmal lohnend
– Potente Migräne-Mittel sind die sogenannten Triptane: Sumatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Eletriptan, Frovatriptan.

– Bei Wiederauftreten von Kopfschmerzen maximal zwei Verabreichungen in 24 Std.

Ergotamin - Präparate, sind klassische Migräne-Mittel zur Kupierung der Migräneanfälle, wegen der möglichen Nebenwirkungen jedoch nicht ganz unproblematisch. Es besteht die Gefahr einer Gewöhnung und die Auslösung eines zusätzlichen Dauerkopfschmerzes steigt mit zunehmender Einnahmehäufigkeit. Aus diesem Grunde sollten derartige Medikamente vermieden werden.

– Werden die Migräne-Kopfschmerzen von Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen begleitet, ist die Verabreichung von Metoclopramid sehr wirksam, zum Einnehmen oder als Zäpfchen bis zu 20 mg, i.m. oder i.v. 10 mg. Dieses Medikament steigert die Darmtätigkeit und fördert somit die Aufnahme im Darm verabreichter Substanzen.

Vorbeugende Migräne-Behandlung:
– Eine Migräne-Vorbeugung sollte nur dann erfolgen, wenn Migräneattacken mindestens dreimal pro Monat auftreten.
– Als Mittel der ersten Wahl gelten Beta-Rezeptorenblocker (= eigentlich Blutdruckmittel, die aber auch gegen Migräne wirken) Propanolol und Metoprolol 200 mg.
– Zur Intervalltherapie des Migräne-Kopfschmerzes eignen sich auch Flunarizin.
– Zur vorbeugenden Migräne-Behandlung soll auch das Antiepileptikum (= Mittel gegen die epileptische Anfälle) Topiramat gut wirksam sein.
- Onabotolinumtoxin A kann in der Therapie der chronischen Migräne wirksam sein. Das gilt auch für Topiramat.

Ergänzende Methoden:
Akupunktur 
– die transkutane elektrische Neurostimulation (TENS)
– physikalische Therapiemaßnahmen (Fango, Kältebehandlung)
– Biofeedback
andere Entspannungstechniken  
– Schmerz- und Stressbewältigungstraining

Dr. Ch. Lampl,
Neurologisch-psychiatrische Abt., AKH Linz

Dr. Y. Al-Qassab
ZISOP, Klinikum Klagenfurt

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