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Schulterkontraktur

Synonym von

Definition

Beim Krankheitsbild „Frozen Shoulder“, Schulterkontraktur oder auch adhäsive Kapsulitis“ handelt es sich um eine Verhärtung und Schrumpfung der Bindegewebsstrukturen der Gelenkkapsel mit schmerzhafter Einschränkung der Beweglichkeit des Schultergelenks.

Ätiologie

Die genaue Ursache der Schultersteife ist derzeit noch nicht bekannt. Es kommt zu einer Schädigung der Gelenksinnenhaut und als Folge zu einer schmerzhaften Entzündungsreaktion der (vorderen) Schulterkapsel. Mit dem Abklingen der Entzündung kommt es konsekutiv zu einer Verdickung und Schrumpfung der Gelenkkapsel und somit zu einer Einschränkung der Schulterbeweglichkeit.
Weiters ungeklärt ist, warum (insulinabhängige) Diabetiker statistisch häufiger von der Frozen Shoulder betroffen sind.

Frozen Shoulder tritt häufiger auf bei:

Patienten mit längerer Immobilisationsperiode
Patienten, nach cerebralem Insult
Parkinson-Patienten
Patienten, die mit Protease-Hemmer vorbehandelt waren z. B. HIV- Patienten

Klinisches Bild

Das klinische Bild der Frozen Shoulder verläuft in 3 typischen Stadien mit individuell stark unterschiedlichen zeitlichen Verläufen.

Stadium I (Initialphase)

Im Stadium I stehen zunehmende Bewegungs- und Ruheschmerzen (die nachts unerträglich sein können) im Vordergrund. Eine Bewegungseinschränkung wird häufig von den Betroffenen zunächst nicht bemerkt.

Stadium II (Einsteifungsphase)
Nach etwa 3 bis 9 Monaten lassen die Ruheschmerzen deutlich nach und die Bewegungseinschränkung tritt für den Patienten in den Vordergrund. Endlagige Bewegungen lösen aber weiterhin Schmerzen aus. Die Kapselschrumpfung führt schrittweise zur Ausbildung eines so genannten Kapselmusters, beginnend mit einer zunehmenden Außenrotationseinschränkung, über eine Abduktionseinschränkung bis hin zur vollständigen Versteifung der Schulter. Der Patient kann anfänglich seine fehlende Beweglichkeit im Schultergelenk noch durch Kompensationsbewegungen in den anderen Gelenken des Schultergürtels ausgleichen.

Stadium III (Lösungsphase)
Zu Beginn des Stadium III bestehen nahezu keine Schmerzen mehr. Die Schultersteife ist voll ausgeprägt, aktive und passive Bewegungen der Schulter sind kaum mehr möglich. Im Verlauf der folgenden Monate bis hin zu wenigen Jahren nimmt die Beweglichkeit der Schulter wieder zu und erreicht in vielen Fällen (unter Therapie) das ursprüngliche Ausmaß.
Die Diagnose Frozen Shoulder wird anhand einer genauen Anamnese in Kombination mit einer umfassenden körperlichen Untersuchung gestellt.
Anamnese:
• genaue Schmerzlokalisation
• Beginn und Dauer des Schmerzbildes
• mögliche Auslöser
• Schmerzprofil über den Tag/Nacht
• Bisherige Therapie und eventuelle Behandlungserfolge
Klinische Untersuchung

• Oberflächenprofil der Schulter-Nacken-Region
• aktive und passive Beweglichkeitsprüfung der Schulter
• Muskelverkürzungstest
• Schmerzprovokationstest
• Aufsuchung typischer Muskeltriggerpunkte
• Manuelle Untersuchung des Schulter-Gelenksspiels
• Neurologische Untersuchung des gesamten Armes (Kennmuskulatur, Reflexstatus, Sensibiliätsprüfung)

Bildgebende Diagnostik

Bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Magnetresonanztomographie, Sonographie oder diagnostische Arthroskopie bringen beim klinischen Bild der Schulterkontraktur selten einen zusätzlichen Informationsgewinn
Vom Krankheitsbild der Frozen Shoulder ist die sekundäre (fibröse) Schulterkontraktur abzugrenzen. Im Fall einer sekundären Schulterkontraktion werden bestehende Schmerzen aufgrund eines zumeist chronisch- degenerativen Prozesses durch eine Schonhaltung im Schultergelenk vermindert. Diese Schonhaltung führt ohne Entzündung zu Verklebungen der Gelenkskapsel und damit zu einer Bewegungseinschränkung.

Die Therapie der Schultersteife richtet sich nach der Symptomatik und dem entsprechenden Krankheitsstadium.

Therapie im Stadium I
Das Therapieziel im Stadium I der Frozen Shoulder ist eine Schmerzbekämpfung.
Als entzündungshemmende Schmerzmittel stehen die nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) an erster Stelle, wenn keine Kontraindikation besteht .
Einen weitern wichtigen Grundpfeiler einer konsequenten Schmerztherapie stellt die therapeutische Lokalanästhesie (TLA) dar. Mit im regelmäßigen Abstand durchgeführten gezielten Injektionen eines Lokalanästhetikums (ev. in Kombination mit niedrigdosierten Kortikosteroiden) an schmerzhafte Weichteilstrukturen und in das Schultergelenk werden direkt Schmerzrezeptoren gehemmt. Eine gezielte Nervenblockade, z.B. des Nervus suprascapularis kann zusätzliche Hilfe bringen. Als adjuvante Schmerztherapie kann auch die Akupunktur eingesetzt werden.
Im Stadium I empfehlen sich weiters Kälte- bzw. Wärmebehandlungen und/oder schmerzhemmende elektrotherapeutische Verfahren (z.B. TENS).
Eine Krankengymnastik im Anfangsstadium der Frozen Shoulder ist wenn nur sehr vorsichtig innerhalb des schmerzfreien Bewegungsspielraums des Patienten durchzuführen.

Therapie im Stadium II
Das Therapieziel im Stadium II der Frozen Shoulder ist die Erhaltung des noch vorhandenen Bewegungsausmaßes der Schulter.
Durch die nachlassenden Schmerzen im Stadium II kann die Bewegungstherapie verstärkt werden. Die medikamentöse Schmerztherapie sollte stufenweise an dem Bedarf des Patienten anpasst werden. Die Intensität der Übungen soll vom Patienten selbst mit übernommen werden und zuhause konsequent weitergeführt werden.
Führt dies nach hinreichender Zeit zu keinem Erfolg, kann in einer arthroskopischen Operation das narbig geschrumpfte Kapselgewebe gelöst und die Schulter in Narkose mobilisiert werden.

Therapie im Stadium III
Das Therapieziel im Stadium III der Frozen Shoulder ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Beweglichkeit des jetzt eingesteiften Schultergelenks.
Dies wird nur durch eine forcierte Bewegungstherapie erreicht. Umso mehr ist der Behandlungserfolg von der Compliance des Patienten abhängig, die eingelernten Schulterübungen auch zu Hause konsequent über Monate durchzuführen.

Dr. M. Pallamar
Abteilung für orthopädische Schmerztherapie,
Orthopädisches Spital Speising

Dr. Y. Al-Qassab
ZISOP, Klinikum Klagenfurt