Schmerzbilder nach Alphabet

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

PHS

Definition:

Die Periarthropathia humeroscapularis (PHS) ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern eine ältere unpräzise Sammelbezeichnung für alle degenerativen Veränderungen des subacromialen Raumes.
Die PHS stellt das vorherrschende Krankheitsbild für akute, subakute und chronische Schmerzen an der Schulter dar.
Die topografischen und funktionellen Besonderheiten des subacromialen Nebengelenkes führen im Laufe des Lebens zu Verschleißerscheinungen an der Rotatorenmanschette und an der langen Bizepssehne mit ihren Begleitgeweben. Die im Zusammenhang damit auftretenden Schmerzen und Funktionsstörungen werden unter dem Begriff Periarthropathia humeroscapularis (PHS) zusammengefasst.

Äthiologie und Pathogenese verweisen auf zwei wesentliche Tatsachen:
Die PHS gehört zum degenerativen Formenkreis.
Sie ist eine Erkrankung des Erwachsenen (Alter meist > 40).
Die Durchblutung der Muskelansätze am Tuberculum majus ist kritisch und disponiert deshalb zu degenerativen Veränderungen.

Symptome:

Die Symptomatik ist durch Schulterschmerzen gekennzeichnet, die bei bestimmten Bewegungen auftreten und teilweise in den ganzen Arm ausstrahlen, allerdings nicht segmental und auch nicht mit Sensibilitäts- und Reflexstörungen einhergehend wie beim cervikobrachialen Syndrom (siehe Cervikobrachialgie). Weiterhin besteht oft eine Bewegungseinschränkung der Schulter. Diese ist zunächst schmerzbedingt (funktionell), weil der Patient die schmerzauslösende Abduktion und Elevation des Armes nach vorne unwillkürlich vermeidet. Nach längerem Bestehen einer PHS treten auch bindegewebige Verklebungen in der Umgebung der Bursa subacromialis und der Rotatorensehnenplatte auf, die eine direkte fibröse Verbindung zwischen dem coracoacromialen Bogen und dem Tuberkulum majus schaffen.
Aus der funktionellen wird eine strukturelle Schultersteife. Oft lassen in diesem Stadium auch die Schmerzen nach, weil die schmerzauslösenden Reibebewegungen zwischen der Rotatorensehnenplatte und dem Ligamentum Coracoacromiale unterbleiben.
Je nachdem welcher Teil des periartikulären Gewebes an der Schulter gerade betroffen ist und klinische Erscheinungen verursacht, unterscheidet man im Rahmen der PHS einzelne Krankheitsbilder. Die Unterteilung erfolgt nach Schmerzlokalisation, Auslösbarkeit und Intensität, die jeweils bestimmten pathologisch – anatomischen Situationen im Kapsel-/Bandapparat zugeordnet werden können. Das Krankheitsbild entsteht zunächst als akutes Schmerzsyndrom, das dann allmählich in einen chronischen Schulterschmerz überleitet.


. Rotatorensehnen.Bizepssehne
PHS simplex
(funktionell)
Peritendinitis.Peritendinitis
Bursitis subacromialis.Tenosynovitis
Insertionstendopathie ..
PHS deformans
(strukturell)
PHS calcificans
(PHS mit Kalkdepot)
..
PHS adhaesiva (siehe
Schulterkontraktur)
..
.PHS destructiva .
Rotatorensehnenruptur.Bizepssehnenruptur
  • Klinische Untersuchung (siehe Omalgie)
  • Inspektion
  • Palpation
  • Spezielle Funktionstests (Impingementtests, isometrische Funktionstests; siehe Omalgie)


    Bildgebende Verfahren:

    Röntgen der Schulter in drei Ebenen, wobei degenerative Veränderungen am Tuberculum majus oder Acromioclaviculargelenk (Sklerosierungen, Aufrauhungen, Spornbildungen) zu erkennen sind; mitunter stellen sich wolkige Verkalkungen dar, die in der Gegend der Bursa subacromialis oder an der Ansatzstelle der Supraspinatussehne lokalisiert sind. Sie sind Ausdruck des gestörten Stoffwechsels.

    Sonografie bezüglich Veränderungen der Rotatorenmanschette, Bizepssehne und Bursa subacromialis/subdeltoidea

    MRT der Schulter zur weiteren Differenzierung des pathologischen Geschehens im subacromialen Raum.
  • Konservative Therapie:

    Die Grundzüge der Therapie sind bei allen Formen der PHS gleich. Sie richten sich in erster Linie nach den im Vordergrund stehenden Symptomen. In der akut schmerzhaften Anfangsphase gibt man Analgetika, Antiphlogistika und lokale Kältepackungen. Außerdem muss der Arm geschont werden, um die schmerzauslösenden Abduktions- und Rotationsbewegungen zu vermeiden. Die Schulter darf aber keinesfalls etwa mit einem Verband ruhiggestellt werden, weil sie sonst einsteifen kann (siehe Schulterkontraktur). Zusätzlich werden lokale Cortisonkristallsuspensionen in die Bursa subacromialis und in das Peritendineum der Rotatorenmanschette bzw. der langen Bizepssehne appliziert. Neben der antiphlogistischen Wirkung besteht auch eine antiproliferative Wirkung, die Verklebungen vermeidet. Elektro- und Bewegungstherapie bleiben mehr der chronisch rezidivierenden PHS vorbehalten.


    Krankengymnastik

    Die Beweglichkeit der Schulter ist wiederherzustellen. Geeignet sind Übungen unter axialer Traktion, um den Andruck des Oberarmkopfes unter dem coracoacromialen Bogen zu reduzieren. Dasselbe erreicht man auch mit Pendelübungen des herabhängenden Armes. Überkopfbewegungen sind in der Akutphase zu vermeiden. Verhaltensweisen zur Rezidivprophylaxe (z.B. Überkopfbewegungen vermeiden) und Eigenübungen werden dem Patienten in der Schulterschule beigebracht. Außerdem werden die korrekten physiologischen Bewegungsmuster (muscle patterns) des Zusammenspiels von Scapula und Oberarm z.B. bei Elevation trainiert.

    Krankengymnastik dient andererseits dazu, die regulären Kraftverhältnisse zwischen Delta- und Rotatorenmuskeln und ihre Koordination wiederherzustellen. Sie kann schmerzhaft verspannte Muskeln detonisieren und zu schwache kräftigen. Sie ist unverzichtbar bei Bewegungseinschränkungen, um die Motilität wiederherzustellen.

    Physikalische Maßnahmen (Elektro-, Thermo- und Ultraschalltherapie) sind begleitend, aber nicht ausschließlich sinnvoll.

    Die extrakorporelle Stoßwellenbehandlung kann alternativ zu den operativen Verfahren eingesetzt werden.


    Operativ

    Mit den konservativen Maßnahmen ist nur eine symptomatische Behandlung bei der PHS möglich, da man versucht, die Reizzustände und Verklebungen im periartikulären Gewebe der Schulter zu beseitigen. Die Ursache, d.h. die Enge im subcoracoacromialen Raum, welche die Friktionen der Sehnen und ihres Gleitgewebes immer wieder auslöst, ist damit nicht beseitigt. So können nach beschwerdefreien Intervallen wieder periarthritische Schübe auftreten.
    Bei chronisch rezidivierender PHS sind deshalb operative Maßnahmen zur Dekompression bzw. Erweiterung des subcoracoacromialen Raumes erforderlich.
    In einfachen Fällen genügt die Resektion des Ligamentum coracoacromiale. Eine weitergehende Erweiterung wird erreicht, indem man die Vorderunterkante des Acromions entfernt (sog. vordere Acromioplastik). Beide Eingriffe können heute auch arthroskopisch durchgeführt werden. Liegt ein Kalkdepot vor, kann man dieses isoliert oder in Verbindung mit einer Dekompressionsoperation entfernen.

    Sehnenrupturen werden bei Menschen im mittleren Lebensalter genäht, durch Transplantate überbrückt oder knöchern reinseriert. Postoperativ muss die Schulter einige Wochen (2 – 6 Wochen) entweder im Gilchristverband oder besser auf einer Abduktionsschiene ruhiggestellt werden. In dieser Zeit sind nur passive krankengymnastische Übungen erlaubt.
    Die Indikation zur operativen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette hängt ab vom Alter und dem Aktivitätsanspruch des Patienten.

    Dr. H. Latta
    Abteilung für orthopädische Schmerztherapie
    Orthopädisches Spital Speising