Schmerzbilder nach Alphabet

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Depression - Schmerz - Schlafstörung

Die homöostatische Funktion von Schmerz und Schlaf, aber auch einer depressiven Symptomatik ist Ärzten schon lange bekannt. Kommt es zu einer Störung dieser Funktionen, können gestörter Schlaf, chronischer Schmerz und Depression aber zum Leidenszustand des Patienten beitragen und eigenständige „Erkrankungen“ werden. Im klinischen Setting sind diese drei Syndromcluster häufig gemeinsam zu finden und stellen für die Therapie eine Herausforderung dar.
Häufigkeit

Der Symptomcluster „Depression – Schmerz – Schlafstörungen“ ist schon alleine deshalb häufig zu finden, weil jeder einzelne Symptom–Bereich sehr häufig vorkommt. So leiden etwa 20% der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression, etwa 25% an Schlafstörungen und chronische Schmerzen werden von 15% der Bevölkerung angegeben. In Patientenpopulationen beim Allgemeinmediziner oder im Spital wird dieser Symptomcluster noch häufiger gefunden. Mehr als 70% der medizinisch Erkrankten beklagen Schlafprobleme. Psychische Störungen werden bei körperlich Erkrankten aber häufig übersehen. Studien zeigen, dass nur etwa 30 bis 40% erkannt werden.


Etwa die Hälfte der Patienten mit Schlafstörungen leidet an psychischen Störungen. Berücksichtigt man nur die schweren Schlafstörungen, sind es etwa 2/3 der Patienten mit Schlafstörungen, die an einer psychischen Störung leiden. Im Mittel leiden ebenfalls etwa 65% der chronischen Schmerzpatienten an einer Schlafstörung. Depressionen kommen je nach Schweregrad bei 20 bis 60% der chronischen Schmerzpatienten vor. Umgekehrt leidet ein großer Anteil der Patienten mit Depressionen an Schlafstörungen und körperlichen Beschwerden (Aigner und Bach, 1999; Aigner et al., 2003).


Diese drei Symptombereiche – Schlafstörungen, Depressionen und Schmerzen – stehen zueinander in einer komplexen Wechselbeziehung. Belastungsfaktoren, wie Traumata oder chronischer Stress, auf biologischer, psychischer und sozialer Ebene konnten als Auslöser für die jeweiligen Symptombereiche identifiziert werden. Die drei Symptombereiche haben zum einen Überschneidungsbereiche und verstärken sich zum anderen gegenseitig (Abb. 1). Sie sind an der „Schnittstelle“ Körper und Psyche angesiedelt, eine Trennung in „organische“ und „psychische“ Syndrome, wie sie für die Schlafstörungen und Schmerzen diagnostisch besteht, hat zu einer Vielfalt an therapeutischen Interventionsmöglichkeiten geführt, jedoch auch die Sicht auf die enge Verwobenheit dieser Faktoren verstellt. Vor allem chronische Schmerzen, Schlafstörungen und Depressionen sollten aber in einem mehrdimensionalen Kontinuum zwischen „organischen“ und „psychischen“ Faktoren gesehen werden (Abb. 2).
Schlafstörungen


Schlafstörungen sind als ein Symptombereich der Depression in den Diagnostischen Kriterien des ICD-10 ausgewiesen (Tabelle 1). Zugleich können auch einige Symptombereiche der Depression, wie zum Beispiel gesteigerte Ermüdbarkeit, vermindertes Konzentrationsvermögen oder psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung, die Folge von Schlafstörungen sein.

Tabelle 1: Diagnostische Kriterien der Depression nach ICD-10 (WHO, 1994)

Kernsymptome des depressiven Syndroms:


Gefühl der Niedergeschlagenheit, Trauer, Deprimiertheit die meiste Zeit des Tages

Interessen- oder Freudlosigkeit an Aktivitäten, die normalerweise angenehm waren

Verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit

Zusätzliche Depressionssymptome:


Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls

Unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle

Wiederkehrende Gedanken an Tod oder an Suizid, suizidales Verhalten

Vermindertes Konzentrationsvermögen, Unschlüssigkeit, Unentschlossenheit

Psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung

Schlafstörungen
Appetitverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung


Schlafstörungen können chronische Schmerzen aufrechterhalten oder verstärken. In Schlafentzugsexperimenten konnten signifikante Verminderungen der mechanischen Schmerzschwelle induziert werden (Total >REM, >SWS) (Onen et al, 2001), verstärktes Schmerzverhalten bei REM–Entzug auf mechanische, thermische und elektrische Stimuli (Hakki-Onen et al, 2001) beobachtet werden und eine erhöhte Druckempfindlichkeit der Muskulatur nach Tiefschlafentzug ausgelöst werden (Moldofsky und Scarisbrick, 1976). Eine gestörte Schlafarchitektur führt zu einer Störung der Erholungsvorgänge, die im Schlaf normalerweise stattfinden, mit Auswirkungen auf Körper und Psyche.

Depressionen


Die Depressionen selbst können Schmerzen chronifizieren und vor allem das emotionelle Schmerzerleben verstärken. Es gibt auch Hinweise dafür, dass Depressionen schmerzauslösend sein können. Bei Depressionen finden sich typische Schlafstörungen, sodass Schlafstörungen zum einen als Symptombereich der Depression gelten. Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen und vorzeitiges Erwachen können bei depressiven Patienten häufig exploriert werden. Im Schlaflabor können ebenfalls typische Schlafstörungsmuster während depressiver Episoden identifiziert werden, wie zum Beispiel die verkürzte REM-Latenz und vermindertem Tiefschlaf. D.h. die Patienten kommen noch in frühen oberflächlichen Schlafstadien in Traumphasen, die sie oft selbst wegen der Inhalte wieder als belastend empfinden. Ängste vor dem Einschlafen sind die Folge. Das typische Gedankenkreisen der Depressiven und die Ängste wiederum führen oft zu Einschlafstörungen.

Schmerzen


Schmerzen sind als psychophysische Ereignisse definiert (Tabelle 2). Die sensorische Komponente des Schmerzes zeigt uns die Lokalisation und die Stärke einer potenziellen Gewebeschädigung. Doch der Schmerz lässt sich nicht alleine auf eine sensorische Komponente reduzieren, sondern hat eine wichtige emotionale Komponente, die sowohl unser Verhalten als auch unsere Befindlichkeit entscheidend beeinflusst. Beim chronischen Schmerz tritt die sensorische Komponente des Schmerzes meist in den Hintergrund und die emotionale Komponente in den Vordergrund. Auf der Verhaltensebene kommt es zu chronifiziertem Schonverhalten und sozialem Rückzug. Hier ergeben sich deutliche Überschneidungsbereiche und Interaktionen zur Depression. Schmerzen spielen auch als „Weckreize“ eine wichtige Rolle, sodass Patienten mit Schmerzen häufig unter Durchschlafstörungen leiden und eine „zerhackte“ Schlafarchitektur aufweisen, die von häufigen Phasenwechseln und Weckreizen gekennzeichnet ist.

Tabelle 2: Definition: Schmerz als psycho-physisches Erlebnis (International Association for the Study of Pain [IASP], 1979)

Schmerz ist ein unangenehmes heftiges Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit tatsächlichen oder möglichen Gewebeschäden verbunden ist oder in solchen Kategorien beschrieben wird.


Spannungskopfschmerz ist häufig assoziiert mit verminderter Schlafeffizienz, häufigem Aufwachen und vermindertem Tiefschlaf. Umgekehrt hat man bei Schlafapnoe-Syndrom häufig morgendliche Kopfschmerzen gefunden. Patienten mit neuropathischen Schmerzen, wie zum Beispiel bei diabetischer Polyneuropathie, weisen ebenfalls verminderte Schlafeffizienz, fragmentierten Schlaf und Abnahme von Tiefschlafstadien und REM-Schlaf sowie und eine Zunahme von oberflächlichen Schlafstadien auf. Auch bei Fibromyalgie-Patienten ist der Tiefschlaf, REM-Schlaf sowie eine Zunahme von oberflächlichen Schlafstadien im Vergleich zu gesunden Probanden verkürzt. Alpha-Intrusionen im Tiefschlaf wurden als spezielle Schlafstörung zunächst bei Fibromyalgie beschrieben („Alpha-delta-Schlaf“). Diese Schlafstörung ist jedoch nicht spezifisch für Fibromyalgie, sondern findet sich auch bei anderen chronischen Schmerzbildern und auch bei Nichtschmerzpatienten.




Die enge Verflechtung dieser 3 Symptombereiche zeigt sich auch auf neurophysiologischer Ebene. Es gibt viele Hinweise dafür, dass eine „pathologische Schmerzverarbeitung“ im ZNS als pathophysiologische Grundlage für chronische Schmerzen verstanden werden kann. So deuten zum Beispiel neurophysiologische Studien mittels ereigniskorrelierten Potenzialen auf eine Störung der Aufmerksamkeitsfokussierung. Auch eine Akzentuierung der rechtshemisphärischen Verarbeitung zeichnet sich ab. In einer EEG-Studie bei chronischen Schmerzpatienten ergab sich eine Hyperaktivität im rechten frontalen Kortex, die mit einer erhöhten Schmerzsensitivität und negativen Affekten einhergeht. Ähnliche Veränderungen finden sich auch bei Patienten mit Depressionen.


Auf der biologischen Ebene ergeben sich zum Beispiel Überschneidungen bei den Neurotransmitter–Systemen. Beginnend bei Veränderungen im serotonergen und noradrenergen System, die bei der Depression eine allseits akzeptierte wichtige Rolle spielen, bis zu den Endorphinen und Neuropeptiden wie Substanz P gibt es Neurotransmittersysteme, die sowohl beim Schmerzgeschehen als auch bei Depressionen und in der Kontrolle des Schlafes involviert sind. Azetylcholin hat neben analgetischen Eigenschaften auch eine wichtige Rolle in der Generation des REM-Schlafs. Opiate andererseits haben REM-Schlaf– suppressive Eigenschaften. Der Einfluss der REM-Schlaf-Suppression auf Schmerzschwellenveränderungen wird zurzeit noch diskutiert. Adenosin hat schlaffördernde Wirkung. Zu einem Teil kann der analgetische Effekt der Opiate auf eine Adenosinfreisetzung zurückgeführt werden. Auch bei trizyklischen Antidepressiva könnte Adenosinfreisetzung und Hemmung der neuronalen Adenosinaufnahme zu den antinozizeptiven Effekten beitragen. Hemmende Neurotransmitter wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Galanin hemmen das Arousal–System während des Schlafes. Zugleich vermag GABA im Thalamus den afferenten Input (inkl. Nozizeption) zu hemmen.


Auf der psychologischen Ebene können ebenfalls Überschneidungen gefunden werden. So sind zum Beispiel kognitive Verzerrungen wie katastrophisierender Denkstil, eine gelernte Hilflosigkeit mit Außenattribuierung von Veränderungsmöglichkeiten oder ein Mangel an positiven Verstärkern sowohl bei chronischer Schmerzstörung als auch bei Depressionen zu finden. Arousal–Erhöhungen bei katastrophisierendem Denkstil führen zu Schlafstörungen.


Überschneidungen finden sich natürlich auch auf der sozialen Ebene. Die Behinderung und Beeinträchtigung der sozialen Funktionen sind bei diesen Störungen ein zentraler Faktor, mit sozialem Rückzug, die so große Ähnlichkeiten zwischen chronischen Schmerzen und Depressionen aufweisen, dass sie zum Konzept der „larvierten Depression“ geführt haben.


Klinische Erfassung


Die genaue Anamnese kann hier bereits wertvolle Hinweise geben. Wichtig ist es, die nichtorganische Insomnie von organischen Schlafstörungen zu trennen, wie zum Beispiel das Schlafapnoe-Syndrom mit dem Symptom Schnarchen, Tagesmüdigkeit, oft auch Adipositas, oder das Restless–Legs–Syndrom mit den charakteristischen Missempfindungen in den Beinen, die in Ruhe und abends bzw. während der Nacht deutlich zunehmen und die durch Bewegung leichter werden. Hinweise auf allfällige Parasomnien können ebenfalls durch eine sorgfältige Anamnese gewonnen werden.


Finden sich keine Hinweise auf Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder vorzeitiges Erwachen, so können ein „Morgenpessimum“ der Schmerzen, ein nicht erholsamer Schlaf, Tagesmüdigkeit auch ein Hinweis auf eine Schlafstörung sein, die unter Umständen in einem Schlaflabor abgeklärt werden sollte.


Natürlich können psychotrope Substanzen (z.B. Alkohol oder Nikotin) oder selbst die lange Einnahme von Schlafmitteln (Benzodiazepine vermindern den Tiefschlaf) ebenfalls die Schlafstruktur erheblich stören und damit zur Chronifizierung der Schmerzen, der Depression und der Schlafstörung beitragen. Auch aktivierende Antidepressiva können einen schlafstörenden Effekt haben (z.B. SSRI). Analgetika wie Azetylsalizylsäure und nichtsteroidale Antirheumatika können über ihren Einfluss auf die zentralnervöse Prostaglandinsynthese mit Schlaf-wach-Funktionen interagieren. So konnte in Schlaflaborstudien bei gesunden Probanden gezeigt werden, dass sich der Tiefschlaf (SWS, slow-wave-sleep) verringert. Auch bei Opiatgabe wurde im Schlaflabor eine Verminderung von Tiefschlaf (SWS) und REM-Schlaf gemessen. Studien bei Patientenpopulationen sind jedoch noch nicht ausreichend vorhanden und zudem ist die Heterogenität der Schlafstörungen zu beachten.


Die exakte Differenzialdiagnose der Schlafstörung ist von besonderer Bedeutung, da Therapieansätze für eine Schlafstörung eine andere unter Umständen verschlechtern können. So können sedierende Medikamente ein Schlafapnoe–Syndrom aggravieren. Auch sedierende Antipsychotika oder manche Antidepressiva (z.B. Mirtazapin, SSRI) können ein Restless–Legs–Syndrom verschlechtern (Aigner et al., 2007).


Depressionen und Angststörungen sind häufig mit Schlafstörungen verbunden, die exakte Erfassung dieser Störungen ist ebenfalls von Bedeutung, da eine unkritische Verschreibung von Tranquilizern hier zu einer Langzeiteinnahme führen kann, die wiederum als Chronifizierungsfaktor wirken kann. Die Frage nach abgelaufenen depressiven Episoden, Ängsten und der aktuellen affektiven Befindlichkeit sind unerlässlich. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass auch die Suizidalität erhoben wird, die vor allem bei depressiven Patienten vorhanden sein kann. Initial kann eine Antidepressivatherapie diesen Symptombereich möglicherweise verstärken, sodass vorab besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden müssen. Auch die Abklärung hinsichtlich manischer Phasen bzw. hypomaner Phasen ist wichtig, da durch aktivierende Antidepressiva ein Kippen in eine Manie bewirkt werden kann. Vor allem bei einer agitierten Depression sollte hier besondere Vorsicht an den Tag gelegt werden. Unter Umständen ist vorab als Adjuvans in der Schmerztherapie ein Antiepileptikum zu wählen. Unter „phasenprophylaktischem Schutz“ kann dann ein Antidepressivum eingeführt werden.


Mithilfe von Fragebögen (z.B. Hospital Anxiety and Depression Scale [HADS]) kann hier der Diagnoseprozess unterstützt werden.


Für den Symptomcluster Schlafstörungen, Depressionen und Schmerzen bieten sich medikamentöse und nicht medikamentöse Therapiestrategien an. Vor allem Therapiestrategien, die in allen drei Bereichen angreifen können, sind zu bevorzugen. Auf der medikamentösen Seite kann so eine unnötige Polypharmazie vermieden werden.

An medikamentösen Therapiestrategien haben sich hier die Antidepressiva besonders bewährt. Antidepressiva können über die schmerzhemmenden noradrenergen und serotonergen absteigenden Bahnen im Rückenmark die sensorische Komponente des Schmerzes beeinflussen, aber natürlich auch im limbischen System auf die emotionale Komponente des Schmerzes wirken. Schlafanstoßende Antidepressiva (Amitriptylin, Mirtazapin, Trazodon) können einerseits den Schlaf verbessern, indem sie den Tiefschlaf fördern, andererseits den Schmerz verbessern und natürlich nicht zuletzt die Depression bessern.


Die vorliegenden Meta-Analysen (Onghena & Van Houdenhove, 1992; Fishbain et al., 1998; OMalley et al., 2000; Tomkins et al., 2001; Salerno et al., 2002) zum Einsatz der Antidepressiva bei Schmerz zeigen vor allem für die trizyklischen Antidepressiva eine Wirksamkeit. Wobei bei den trizyklischen Antidepressiva, wie dem Amitriptylin, durch seine Nebenwirkungen oft nicht die notwendige Wirkdosis erreicht werden kann. Auch bei älteren Menschen ist der Einsatz trizyklischer Antidepressiva besonders kritisch zu sehen. Sind die Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer die erste Wahl bei Depressionen und Angststörungen, so haben sie bei Schmerzen und Schlafstörungen kaum eine Wirkung. Erste Studien zeigen, dass sich die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer auch in der Schmerzindikation einsetzen lassen. Die Meta-Analysen zeigen, dass sich die Effektstärken der Antidepressiva im Schmerzbereich etwa zwischen 0,4 und 1,1 bewegen (Tabelle 3).

Tabelle 3: Standardisierte Effektstärken der Antidepressiva im Schmerzbereich

Chronischer Kopfschmerz 0,8 – 1,1
Fibromyalgie 0,52
Somatoformer Schmerz 0,48
Chronischer Rückenschmerz 0,41


Tranquilizer/Hypnotika können in diesem Symptomcluster ebenfalls eingesetzt werden. Sie haben eine direkte schlaffördernde Wirkung und können über Muskelrelaxation auch Schmerzen positiv beeinflussen. Manche haben auch antidepressive Eigenschaften. Aufgrund einer Abhängigkeitsgefahr und Auswirkungen auf die Schlafarchitektur sollten die Tranquilizer jedoch nur zeitlich beschränkt für einige Wochen eingesetzt werden.


Auch Antiepileptika spielen eine Rolle. Sie können vor allem neuropathische Schmerzsyndrome positiv beeinflussen, affektiv stabilisierend wirken und auch für manche Schlafstörungen gewinnbringend eingesetzt werden. Insbesondere bei Depressionen im Rahmen von bipolaren Störungen kommen Antiepileptika als Phasenprophylaktika wie bereits erwähnt zum Einsatz.


An nicht medikamentösen Therapieverfahren haben sich Entspannungsverfahren, wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, bewährt. Neben Schlafhygienemaßnahmen können auch komplexere psychotherapeutische Verfahren bei diesem Symptomcluster eingesetzt werden. Ein gestuftes Vorgehen beim Schmerzpatienten hat sich bewährt; von der Symptomtherapie zu übergreifenden Therapiezielen, die dann nicht mehr direkt auf den Schmerz abzielen. Auch physiotherapeutische Ansätze können in allen 3 Bereichen Verbesserungen erzielen.


Wichtig ist es, durch sorgfältige Diagnostik der depressiven Symptomatik, der Schmerzsymptomatik und der Schlafstörung auf gemeinsame pathophysiologische Grundlagen zurückzuschließen, um so dem Patienten eine individuelle und maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können, die in allen drei Bereichen zugleich angreifen kann. Nicht jedes Antidepressivum oder Schmerzmittel ist geeignet, auch die Schlafstörung adäquat zu behandeln.


Literatur:


Aigner, M. and M. Bach (1999) Clinical utility of DSM-IV pain disorder. Comprehensive Psychiatry 40: 353-357.


Aigner M, Graf A, Freidl M, Prause W, Weiss M, Kaup-Eder B, Saletu B, Bach M. (2003) Sleep disorder in somatoform pain. Psychopathology 36:324-328.


Aigner M., Prause W., Freidl M., Weiss M., Izadi S., Bach M. and Saletu B. (2007) High prevalence of restless legs syndrome in somatoform pain disorder. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 257:54–57.


Fishbain DA, Cutler RB, Rosomoff HL, et al. (1998) Do antidepressants have an analgesic effect in psychogenic pain and somatoform pain disorder? A meta-analysis. Psychosom Med 60:503–9.


Hakki Onen S, Alloui A, Jourdan D, Eschalier A, Dubray C. (2001) Effects of rapid eye movement (REM) sleep deprivation on pain sensitivity in the rat. Brain Res. 900:261-7.


International Association for the Study of Pain [IASP] (1979) Pain term: a list with definitions and notes on usage. Pain 6:249-252.


Moldofsky H, Scarisbrick P. (1976) Induction of neurasthenic musculoskeletal pain syndrome by selective sleep stage deprivation. Psychosom Med 38: 35-44.


OMalley PG, Balden E, Tomkins G, Santoro J, Kroenke K, Jackson JL. (2000) Treatment of Fibromyalgia with Antidepressants A Meta-analysis Journal of General Internal Medicine 15;9:659-666.


Onen SH, Alloui A, Gross A, Eschallier A, Dubray C. (2001) The effects of total sleep deprivation, selective sleep interruption and sleep recovery on pain tolerance thresholds in healthy subjects. J Sleep Res. 10:35-42.


Onghena P, Van Houdenhove B. (1992) Antidepressant-induced analgesia in chronic non-malignant pain: a meta-analysis of 39 placebo-controlled studies. Pain. 49:205-19.


Salerno SM, Browning R, Jackson JL. (2002) The effect of antidepressant treatment on chronic back pain: a meta-analysis. Arch Intern Med. 162:19-24.


Tomkins GE, Jackson JL, OMalley PG, Balden E, Santoro JE. (2001) Treatment of chronic headache with antidepressants: a meta-analysis. Am J Med. 111:54-63.


WHO (1994) Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F). Forschungskriterien/Weltgesundheitsorganisation, 1. Aufl. [Hrsg von Dilling H, Mombour W, Schmidt MH, Schulte-Markwort E] . Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seattle.