Arten der Schmerzbehandlung

Rückenmarksnahe Schmerztherapie - Methode und Technik

Stellenwert

Die rückenmarksnahen Behandlungsmethoden haben einen wichtigen Platz in der Anästhesie und in der Behandlung bestimmter Schmerzarten und sind von der Schmerzmedizin nicht mehr weg zu denken.

Ursprünglich wurden die rückenmarksnahen Techniken in der Anästhesie angewendet, sowohl spinal als auch epidural. Mit der Weiterentwicklung der Medizin, der Technik, und der Schmerzmedizin im Allgemeinen wurden die Indikationen erweitert und diese Applikationswege auch für reine schmerztherapeutische Zwecke eingesetzt.

Heutzutage stellen die rückenmarksnahe Applikationsmethoden einen wichtigen Bestandteil in der Schmerzmedizin und eine tägliche Routine in den Schmerzzentren dar.

Zahlreiche Schmerzpatienten konnten durch diese Applikationsformen zufriedenstellend behandelt und eingestellt werden.

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen:

  • Ablehnung durch den Patienten
  • Gerinnungsstörungen
  • Gravierende anatomische Anomalien
  • Allergien gegen Material oder Medikamente
  • Lokale Infektionen an der Punktionsstelle
  • Sepsis

Relative Kontraindikationen:

  • Akute neurologische oder psychiatrische Erkrankungen
  • Hypovolämie

Spinalanästhesie

wie oben erwähnt haben diese Methoden in erster Linie ihre Anwendung in der Anästhesie;

Es handelt sich um die Injektion von Lokalanästhetikum in den Subarachnoidalraum (intrathekal) zwecks Ausschaltung der Sensibilität und Motorik.

Zahlreiche Operationen lassen sich durch die Spinalanästhesie durchführen (in der Allg. Chirurgie, Gefäßchirurgie, Orthopädie, Traumatologie, Urologie, Gynäkologie und Geburtshilfe).

Je nach Operationsgebiet wird die Punktionshöhe idealerweise ausgesucht, als Beispiel wird bei Sectio caeserea die Höhe L2/L3 bevorzugt um die Ausbreitung und Abdeckung des OP-Gebietes sicherzustellen.

Bei kaudal gelegenen Operationsgebieten kann die Punktionshöhe weiter kaudal durchgeführt werden.

Gewünschte Anästhesieausdehnung bei operativem Eingriff:

  • Oberbauch, Sectio Th 4 - 6
  • Unterbauch, Apendex Th 6 – 8
  • Leistenhernia Th 8
  • TUR , vaginale Entbindung ; Hüftoperationen Th 10
  • Knie und darunter L1
  • Perineum S2 - 5

Als Zusatz zu Lokalanästhetikum werden nicht selten intrathekal zugelassene Opioide in geringer Dosis dazugegeben (hauptsächlich Fentanyl, Sufentanyl).

Durch den Zusatz von Opioide kann die Dosis von dem Lokalanästhetikum und damit die Nebenwirkung verringert werden, die postoperative Analgesie verlängert und die motorische Blockade verkürzt werden. (1)

Je nach Dichte des Lokalanästhetikum unterscheidet man:

  • Isobare LA: gleiche Dichte wie der des Liquors (1010 µg/ ml bei 37° ). Die Blockade dehnt sich nach der Lagerung ein wenig aus.
  • Hyperbare LA: Die Dichte ist höher als die des Liquors, d. h.: Die Blockade breitet sich entsprechend des Schwergewichtes nach unten (Zusatz von Glucose)

Sonderfall der Spinalanästhesie stellt der Sattelblock dar:

Es wird in sitzender Position durchgeführt und ca. in 5-6 Minuten in sitzender Position belassen. Die Hyperbare Lösung breitet sich entsprechend des Schwergewichtes nach unten aus.

Epiduralanästhesie

wie oben erwähnt haben diese Methoden in erster Linie ihre Anwendung in der Anästhesie;

Bei der Epiduralanästhesie handelt es sich um ein Leitungsanästhesieverfahren, bei dem Lokalanästhetikum allein oder in Kombination mit Opioide in den Epiduralraum injiziert wird.

Indikation:

Im Prinzip können alle Operationen, die mit SPA durchgeführt werden, auch mit Epiduralanästhesie durchgeführt werden. Allerdings mit mehr Bedarf an Lokalanästhetikum und längerer Anschlagzeit (analgetische Wirkung 5-10 Minuten, max. Wirkung 20- 30 Minuten)

weitere Indikationen für die Epiduralanästhesie:

  • nicht nüchterne Patienten
  • zu erwartende erschwerte Intubation
  • maligne Hyperthermie, Muskelerkrankung, Stoffwechselerkrankungen, Nieren – und Lebererkrankung
  • geriatrische Patienten
  • Patienten mit kardiopulmonalen Erkrankungen (2)

Operationen am oberen Abdomen sowie im Thorkalbereich können in Kombination Allgemeinnarkose mit Epiduralanästhesie durchgeführt werden.

Neben den intraoperativen Vorteilen kann dadurch die postoperative Schmerztherapie über den Epiduralkatheter fortgesetzt werden, als eine sehr elegante schmerztherapeutische Methode über mehrere Tage.

Ähnliches gilt auch, oder vor allem für die CSE (Kombination Spinal-Epiduralanäthesie):

Hier wird in der Regel zunächst der Epiduralraum mit einer Touhy-Nadel aufgesucht und dann anschließend wird über die Touhy Nadel die Spinalkanüle hineingeführt .

Nach der Duralpunktion und den sichtbaren Liquor-austritt aus der Spinalkanüle wird das Medikament für die Spinalanästhesie injiziert. Anschließend wird die Spinalkanüle entfernt und der Epiduralkatheter vorsichtig in den Epiduralraum positioniert. Danach wird der Touhy-Nadel (Epiduralkanüle) vorsichtig entfernt und der Epiduralkatheter fixiert.

Diese Technik soll die Vorteile der Spinal- und Epiduralanästhesie vereinen.

Vorteile dieser Technik :

Neben dem schnellen Wirkungseintritt, gleichmäßige intraoperative Anästhesie ist die Ausdehnung der Blockade jederzeit möglich. Weiteres ist dies eine postoperative Analgesie mit beliebiger Dauer.

Diese Art der Regionalanästhesie, die die Mortalität weltweit reduziert, verbesserte das „outcome“. Viele Operationen werden mit diesem Verfahren durchgeführt bei Patienten, die für die Allgmeinnarkose nicht tauglich sind.

Weitere schmerztherapeutische Indikationen für den Epiduralkatheter:

  • thorakal: postoperative Schmerztherapie, akute Pankreatitis, Post-Zoster-Neuralgie, Tumorschmerzen
  • lumbal: postoperative Schmerztherapie, postoperative Mobilisierung.

Verschiedene Neuralgien lumbosakral sowie in den UE, DST, ischämische Schmerzen, Tumorschmerzen, BS-Prolaps, kompressive & irritative Radikulopathien, Spinalkanalstenose.

Bei ambulanten Schmerzpatienten mit solchen Erkrankungen wird die epidurale Injektion von Medikamenten in Form von single – shot verabreicht.

- zervikal: Indikationen für die zervikale Epiduralblockade ( single – shot ) sind u. a. akute zervikale Schmerzen mit radikulärer Symptomatik, akute Schübe chronischer zervikaler Schmerzen, Zervikobrachialgie, okzipitale Neuralgien.

Post-Zoster-Neuralgie, St. p. Schleudertrauma, Spinalstenosen, kompressive Läsionen, Z. n. BS –Operationen mit rezidivierenden Schmerzen.

Invasive Rückenmarknahe Schmerztherapie

Unter invasiven rückenmarksnahen schmerztherapeutischen Maßnahmen versteht man in erster Linie die Neuromodulation mit epiduraler Rückenmarkstimulation (spinal cord Stimulation, SCS) mit der Implantation des zugehörigen Systems, sowie die Implantation einer intrathekalen Schmerzpumpe.

Diese invasiven Maßnahmen sollten, das gilt vor allem für die SCS, aber nicht nur – nicht mehr als Ultima Ratio eingesetzt werden, da eine optimale interdisziplinäre Schmerztherapie die Situative, die Individualität, die Schmerzart des Patienten berücksichtigen soll, ebenso den Zeitfaktor.

Es gilt heutzutage die Auffassung im Gegensatz zu Früher, dass eine pathologisch psychiatrische Komorbidität keine zwingende Kontraindikation gegen den Einsatz solcher invasiver schmerztherapeutischen Verfahren. Notwendig ist jedoch weiterhin eine individuelle psychiatrische / psychologische Beurteilung sowie eine Testphase. (4)

Intrathekale Schmerzpumpe

Die Indikation für die Implantation einer Schmerzpumpe sind chronische Schmerzzustände, bei denen der Einsatz multimodaler Maßnahmen nicht ausreichend oder mit erheblichen Nebenwirkungen verknüpft ist.

Die häufig verwendeten Substanzen: Morphin, Fentanyl, Sufentanyl, Hydromorphon. Weitere Medikamente wie Clonidin, Bupivacain haben werden auch eingesetzt.

Der selektive Kalziumantagonist Ziconotid ist seit 2005 in Europe zugelassen für die intrathekale Anwendung und wird hauptsächlich bei therapierefrektären neuropathischen Schmerzen eingesetzt. Es handelt sich um neuroaktives Peptid isoliert aus dem Gift der Kegelschnecke C.magus.

Baclofen Pumpe:

Es handelt sich hier genauso um eine intrathekale Medikamentenpumpe, allerdings wird hier Baclofen (Lioresal intrathekal) appliziert.

Indikationen für intrathekale Baclofentherapie ITP:

Schwere Spastik spinalem oder cerebralem Ursprungs.

Unzureichende Wirkung oder starke Nebenwirkungen durch die Gabe von Medikamenten in oraler Form. In erster Linie immobilisierte Patienten nach traumatischer, entzündlicher oder tumorbedingter Rückenmarksschädigung, bei schwerer traumatischer Hirnschädigung sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen können von der intrathekalen Baclofenanwendung profitieren.

Der Vorteil der intrathekalen Anwendung gegenüber der oralen Form:

besserer antispastischer Effekt mit kleiner Dosierung und weniger Nebenwirkungen. (5)

Epidurale Rückenmarkstimulation mit SCS Sonde:

Die Hauptindikation für die Implantation der epiduralen SCS-Sonde ist die neuropathisch dominierende Schmerzen bei Postnukleotomie-Syndrom (Failed Back Surgery Syndrom FBSS) mit radikulären Symptomen und ausstrahlenden Schmerzen in den Extremitäten bei Patienten, bei denen die konservative Therapie erfolglos war.

Für die Neurostimuationen durch die SCS Sonden gibt es theoretisch auch andere Indikationen wie z. B. diabetische PNP, Stumpf-Phantomschmerzen, Schmerzen nach Nerven-Plexusverletzung, CRPS 1 und 2, Ischämieschmerzen, Angina pectoris, bei schlechtkerdiologischen Patienten, bei welchen eine interventionelle Therapie nicht möglich ist, therapierefrektäre Postzosterneuralgie .

Bei allen Formen der invasiven Schmerztherapie mittels Schmerzpumpen, Baclofenpumpen oder SCS-Sonden ist eine interdisziplinäre Evaluierung u. a. auch durch erfahrene Psychologen notwendig.

Anschließend ist eine Testphase für die Überprüfung und Evaluierung des Therapieerfolges unbedingt notwendig. Diese Vorgangsweise hat sich bewährt und wird in den meisten Therapiezentren angewendet. (4)

(1)journal. club. Schmerzmedizin -4-2013 Thieme Verlag

(2), (3) Regionalblockaden Danilo Jankovic Seiten 228 , 328 Verlag ABW 3. Auflage

(4) www.schmerz-therapie-deutschland.de, Zeitschrift: 2011/4 Schmerztherapie

(5) Neurologische Rehabilitation von Gereon Nelles. Thieme Verlag 2004

Autor

Dr. Y. Al-Qassab

ZISOP, Klinikum Klagenfurt