Schmerzbilder nach Alphabet

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Fibrositis

Definition:
Unter Fibromyalgie versteht man chronische Schmerzen in mehreren Körperregionen und Druckschmerzhaftigkeit von mindestens 11/ 18 Tender Points die mindestens 3 Monate bestanden, die ausgedehnt (widespread) sind, das heißt in der linken Körperseite, in der rechten Körperseite, oberhalb der Taille und unterhalb der Taille, zusätzlich im Rumpfbereich ( Halswirbelsäule oder ventraler Thorax, oder Brustwirbelsäule, oder Lendenwirbelsäule)
Nach den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) für die Klassifizierung des Fibromyalgiesyndroms (nach Wolfe et al. 1990)

Tender points jeweils rechts und links

1 okzipital bilateral, an den subokzipitalen Muskelansätzen
2 Hals bilateral, vorderer Intertransversalspalt in Höhe C5-C7
3 M. trapezius bilateral, freier oberer Rand
4 M. supraspinatus bilateral, über dem Ursprung auf der Skapula
5 2. Rippe bilateral, Knorpel - Knochenübergang
6 Epicondylus lateralis bilateral, 2 cm distal des Epikondylus
7 gluteal bilateral, im oberen äußeren Quadranten
8 Trochanter major bilateral, dorsal der Trochanterspitze
9 Knie bilateral, proximal des medialen Gelenkspaltes


Klinische Symptome, die zusammen mit FMS auftreten können
(nach Russell 1996)ist kein Symptom für FMS obligatorisch)

– Chronische Schlaflosigkeit, Benommenheit, Schwindelgefühl, nicht-erholsamer Schlaf
– Müdigkeit während des Tages bzw. Erschöpfungsneigung (körperlich, geistig)
– Depression, Ängstlichkeit
– nächtl. Myoklonus und Restless Legssyndrom
– Anhaltende Morgensteifigkeit und Arthralgien wie bei rheumatoider Arthritis
– Kopfschmerzen (Muskelkontraktions-KS)
– Brustwandschmerzen wie bei Angina pectoris, Brustschmerz
– Dorsalgien oder ischialgiforme Schmerzen
– Bursitis, Tendinitis, Myalgien, Arthralgien,
– Taubheitsgefühl, Kribbeln, Dysästhesien in Händen und Füßen
– Reizdarm, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung
– Interstitielle Zystitis, Dysurie, Kältegefühl

Epidemiologie:
– Allen Altersstufen, ethnischen Gruppen, Kulturen
Mädchen : Knaben = 1 : 1 (Buskila et al. 1995)
Frauen : Männer = 4-7 : 1 (Wolfe et al. 1995)
– 2 % der Gesamtbevölkerung haben FMS (Wolfe et al. 1990)
– Beginn meist um das 35. Lebensjahr (Ecker-Egle 1993)
– Größte Prävalenz bei Frauen von 50 – 60 a
– 6 -10 % in einem Wartezimmer = FMS (Campbell et al. 1983)
– 22 % Schleudertrauma nach 18 Mon. à FMS (Buskila et al. 1997)
– 2 % Arbeisunfall: Frakt. UE nach 18 Mon. à FMS (Buskila et al. 1997)
– 40-60 % FMS-Pat. haben keine affektive Störung
Die Patienten klagen über Schmerzen in Armen und Beinen, Kreuzschmerzen, Kribbeln in Armen und Beinen, Kälteempfindlichkeit, Schlafstörung, Abgeschlagenheit, Tagesmüdigkeit, Verstärkung der Schmerzen nach körperlicher Aktivität, häufig diffuse somatische Beschwerden, Schwellungsgefühl, Panikattacken, Depression.

In der Sozialanamnese findet sich häufig frühkindlicher Missbrauch und Gewalt, niedriger sozioökonomischer Status, Arbeitslosigkeit, emotionale Vernachlässigung.

Psychiatrische Anamnese: Hohe Anforderung an sich selbst bei niedrigem Selbstwertgefühl, Abgrenzungsschwierigkeiten, Kompensation durch Überaktivität und geringe emotionale Offenheit.
Die klinische Diagnose beruht auf der Anamnese, klinische Symptome , Symptomkomplex , klinische Untersuchung , und dem Ausschluß andere körperliche Erkrankungen ( nach ACR Kriterien 1990 , vorläufig modifizierte Kriterien 2010 , S3- Leilinie zum FSM

Untersuchung der oben angegebenen Tender points erfolgt mit einem Druck von 4 Kilopond (Der Daumennagel zeigt ein Abblassen im distalen Bereich).
Dabei kommt es, im Gegensatz zur Normalperson, zu Schmerzempfindung, welche sich in Form von Zusammenzucken (Flinch) und Jumpin sign (Ausweichen) zeigt.
Schwindeln ist schwer möglich.
– Myofasziales Schmerzsyndrom (Muskeltriggerpunkte – Übertragungsschmerz)
– Chronic Fatique Syndrom (Erschöpfungszustände, internistische Auffälligkeit)
– Somatoforme Schmerzstörung (Auftreten in Verbindung mit emotionalen Konflikten und psychosozialen Belastungen)
– Polymyalgia rheumatica (BSG erhöht, Pat. älter als 50 Jahre)
– Myositis (Muskelschwäche, CPK erhöht, EMG positiv)
– Borreliose (Besonders nächtlich, Liquorpunktion mit Entzündungszeichen)
– Kollagenosen (Rheumatologische Abklärung)
– Chronische Rückenschmerzen (typische Lokalisation)
– Mitochondriale Myopathien (Histologische Diagnose)

Eine kausale Therapie ist nicht bekannt. Die Ergebnisse der evidenzbasierten Medizin sind bei dieser komplexen Störung sehr unvollständig.

Es werden Leitlinien, Konsens, Therapieempfehlungen, Therapieansätze angeführt:

• Ausdauertraining: schnelles Spazierengehen , Walking , Radfahren Z.B für ca. 30 Minuten 2-3 x wöchentlich

• Funktionstraining: Wassergymnastik , Entspannungsverfahren , aerobes Training

• Kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit aerobem Training, meditative Bewegungstherapie (Yoga, Qi-Gong) Selbsthilfegruppen

• Multimodale Therapie: Kombination von Entspannungstherapie, Verhaltenstherapie und Ausdauertraining

medikamentöse Therapie (schwere Formen des FMS):

Amitriptylin: sollte zeitlich befristet angewendet werden

Duloxetin: ebenso zeitlich befristete Anwendung bei FMS-Patienten mit komorbiden depressiven Störungen und/oder Angststörung.(offene Empfehlung )

Pregabalin, Serotonin-Aufnahmehemmer (offene Empfehlung)

Nicht-empfohlene Therapien (nach AWMF Leitlinien FMS:

NSAID: NSAR sollten nicht eingesetzt werden.
Starke Opioide: sollen nicht eingesetzt werden
Muskelrelaxantien: werden nicht empfohlen
Lokale Infiltrationen: wird davon abgeraten

weiter nicht empfohlene Medikationen:
Ketamin, Kortikosteroide, Serotoninrezeptor(5HT3 ) Antagonisten

Massage: soll nicht eingesetzt werden. TENS, Magnetresonanz , Lasertherapie , Hyperbare Sauerstofftherapie werden ebenfalls nicht empfohlen

Dr. M. Glatz, Dr. E. Rohringer,
Aö. KH der Landeshauptstadt St. Pölten, Abteilung für Anästhesie
Dr. Y. Al-Qassab
ZISOP, Klinikum Klagenfurt